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Neu hier – Und nun?

Wer den Schritt zu einem Dienst im Fediverse gewagt hat, ist oftmals ratlos und verunsichert. Zum einen sieht die neue Seite nicht ganz so aus, wie die von dem kommerziellen Netzwerk, an welches man sich gewöhnt hat. Außerdem werden teilweise andere Begriffe verwendet, die man nicht sofort richtig einordnen kann. Und schließlich ist die „Timeline / Zeitleiste“, der „Feed / Newsfeed“, der „Stream / Networkstream“, also der zentrale Bereich des Netzwerkes, in dem die eigenen Beiträge und Beträge anderer erscheinen, anfangs schlicht leer.

Ganz wichtig ist zu Beginn, sich klarzumachen, dass man mit dem Fediverse eine völlig neue Welt betritt. Die verschiedenen Dienste sind nicht einfach ein Abklatsch der Bekannten Netzwerke, sondern ähneln diesen nur in der Optik, der Bedienung und der Funktionalität, sowie der Funktionsphilosophie.
Deshalb ist es nicht verkehrt, wenn man lesen kann, Mastodon sei ein Twitter-Ersatz, Friendica oder Hubzilla ein Facebook-Ersatz, Pixelfed ein Ersatz für Instagram oder PeerTube einer für YouTube. Diese Aussagen dürfen aber nicht zu der falschen Annahme führen, die genannten Fediverse-Dienste seien Kopien ihrer Entsprechung. Am besten ist, man packt etliches an Erfahrungen und Erwartungen in eine der hinteren Schubladen und entdeckt die Fediverse-Dienste für sich ganz neu. Nach und nach entdeckt man die Funktionen, wie es irgendwann einmal auch war, als man sich ganz frisch z.B. bei Twitter angemeldet hat. Mit der Zeit wurden Bedienung und Nutzung zu einer Selbstverständlichkeit. Und das kann man auch im Fediverse so erleben. Wenn man sich ein neues Auto oder ein neues Mobiltelefon kauft, dann miss man auch vieles neu entdecken und lernen.

Ein sehr großer Vorteil des Fediverse ist inzwischen, dass sich dort sehr, sehr viele hilfsbereite Nutzer tummeln, die Neueinsteigern bereitwillig und freundlich mit Rat und Tat zur Seite stehen. Man findet auch richtige kleine Anleitungen oder Verweise auf solche. Man wird von der Gemeinschaft dort nicht allein gelassen, sofern man sich nicht wie die Axt im Walde aufführt.

Nut stellt sich natürlich die Frage, wo man denn diese netten Leute und Informationen findet. Der Stream (ich bleibe jetzt einmal übergreifend bei diesem Begriff) ist doch leer und überhaupt: Wie kann ich denn andere Nutzer finde, Kontakte knüpfen? Und warum ist es denn so leer? Das war bei Twitter oder Facebook ganz anders.

Richtig, bei den großen, unfreien Netzwerken, bei denen man selbst eher Ware als Nutzer ist, da ist das anders. Der Stream wird mit Informationen gefüllt, von denen der Netzwerkbetreiber annimmt, es sei für einen interessant. Er trifft zu einem großen Teil die Auswahl, was man zu sehen bekommt. Und die Auswahl wird mit der Zeit immer mehr verfeinert, weil er immer mehr über einen selbst erfährt. Das mag zunächst sehr praktisch und bequem sein, führt aber letztlich dazu, dass man immer mehr in eine Blase gerät, weil das Netzwerk einem das Denken und die Neugier abnimmt. Dadurch kann man sehr viel verpassen, denn vieles wird schlicht verborgen oder geht unter.

Im Fediverse ist das anders. Da bestimmt der Nutzer selbst, was ihn interessiert und was er sehen möchte. Und wenn man ganz frisch angemeldet ist, dann „weiߓ das Netzwerk noch gar nicht, was man denn sehen möchte. Man hat keine Kontakte und die Software weiß nicht wofür man sich interessiert.
Doch hier gibt es Abhilfe. ein wichtiger Schritt ist, das eigene Profil zu vervollständigen. Dabei natürlich nur so viel von sich selbst preisgeben, wie man möchte. Damit füllt sich die Zeitleiste zwar noch nicht, man erleichtert es aber anderen Nutzern, jemanden interessantes zu finden. Wenn ein anderer Nutzer, wodurch auch immer, auf das eigene Profil aufmerksam wird und er es sich anschaut, dann ist es hilfreich, wenn er ein wenig nachvollziehen kann, mit wem er es zu tun hat. Vielleicht verbindet er sich dann mit Euch (oder „folgt“ Euch“,  wie auch immer des im jeweiligen Netzwerk bezeichnet wird).
Na und dann füllt sich der Stream nach und nach auch, wenn Ihr Eurerseits diesem Nutzer ebenfalls „folgt“.

Man muss aber auch, zumindest anfangs, selbst aktiv werden. Nur, wie findet man denn andere Nutzer?

Manche Dienste bieten ein Nutzerverzeichnis, das auch Filter- und Suchfunktionen bietet. Hier kann man nach Interessen, Namen, der Sprache oder dem Ursprungsland suchen (deshalb ist es wichtig, das Profil ordentlich zu befüllen… dann wird man von anderen auch leichter gefunden). eine weitere Möglichkeit ist, sich den lokalen oder gar den globalen Stream anzuschauen.

Der lokale Stream besteht aus sämtlichen Aktionen (Postings / Kommentare), die von anderen Nutzern auf der eigenen Instanz (der Server, auf dem Ihr Euch registriert habt) erfolgen. Je nach Nutzerzahl kann es da eher ruhig zugehen oder der Stream rauscht mit höherer Geschwindigkeit durch.
Der globale (oder föderierte) Stream ist wesentlich umfangreicher. Er besteht aus sämtlichen Aktivitäten aus dem gesamten verbundenen Netzwerk. Man sieht hier also z.B. Beiträge, die von Nutzern auf einem anderen Server und vielleicht vom anderen Ende der Welt erstellt wurden.

Wie auch immer, ab und an lohnt sich der Blick in diese Streams, selbst wenn der eigene inzwischen recht gut gefüllt und dynamisch geworden ist. Man schaut dadurch aus der eigenen Blase heraus auf das gesamte Netzwerk und kann interessante Informationen und Personen entdecken.

Hat man nun einen interessanten Beitrag gefunden, so kann man sich den Ersteller, also dessen Profil anschauen und ihm ggf., wenn er interessant zu sein scheint, folgen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung von Hashtags. Man kann nach Hashtags suchen oder bei einigen Diensten sogar Hashtags „folgen“. Damit werden einem Beiträge angezeigt, die mit den betreffenden Hashtags versehen sind. Das ist auch der Grund, weshalb man selbst recht intensiv damit arbeiten sollte. Wenn man einen Betrag erstellt, so „verziert“ man der Beitrag mit sinnvollen Hashtags (oder man setzt im Text selbst vor wichtigen Schlüsselwörtern einfach das Doppelkreuz / die Raute, also „#“).

Gerade zu Beginn ist es ausgesprochen empfehlenswert, seine Beiträge mit dem Hashtag „#neuhier“ zu versehen. Es gibt nämlich tatsächlich viele Nutzer, die gezielt nach diesem Hashtag suchen, um bei Problemen von Neueinsteigern Hilfe anzubieten.

Die Netzwerke im Fediverse bieten auch alle Hilfeseiten an. Die sind zum Teil sehr gut, teilweise aber auch nicht sonderlich leicht zu verstehen. Das liegt daran, dass sie meist von den Erstellern der Software geschrieben werden, für die manches, was der Anfänger nicht versteht, geradezu selbstverständlich ist. Und wer gut programmieren kann, der muss nicht unbedingt der perfekte Pädagoge sein. 😉
Versteht man etwas aus den Hilfeseiten nicht, ist es nicht verkehrt, danach öffentlich zu fragen (Hashtag #neuhier ist auch in dem Fall hilfreich). Es gibt meist auch Support-Kanäle, an welche man die Frage richten kann.

Schließlich solltet Ihr auch Freunden, Verwandten, Bekannten sagen, sie sollen Euch doch auch in Eurem neuen Netzwerk im Fediverse folgen. Je intensiver Ihr das betreibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Euch lieb gewonnene Kontakte ins Fediverse folgen.

Wenn man die hier nun aufgezählten Hinweise berücksichtigt und sich vornimmt, sich „wohnlich“ und auf Dauer im Fediverse einzurichten, dann sollten die anfänglichen Hürden ganz leicht zu meistern sein.

Hier noch einmal als kurze Zusammenfassung (tl;dr = too long; didn’t read.)…

tl;dr

  • Geht offen an Euer neues Netzwerk heran, vergleicht es nicht krampfhaft mit den gewohnten Diensten und seid einfach offen dafür, eine neue Welt für Euch zu entdecken.
  • Haltet stets Ausschau nach hilfsbereiten „alten Hasen“. Davon gibt es im Fediverse viele.
  • Vervollständigt Euer Profil mit sinnvollen Informationen. Das hilft dabei, von anderen Nutzern gefunden zu werden.
  • Schaut in den öffentlichen lokalen oder globalen Stream, um interessante Beiträge oder Nutzer zu entdecken.
  • Nutzt Hashtags in der Suche oder (sofern beim jeweiligen Dienst möglich) folgt diesen, um interessante Beiträge oder Nutzer zu entdecken.
  • Verwendet selbst sinnvolle Hashtags, damit Eure Beiträge und ihr selbst als Nutzer von anderen gefunden werden. Hashtags sind bei den meisten Diensten im Fediverse essenziell.
  • Zu Anfang nutzt das Hashtag „#neuhier“ intensiv. Dadurch findet Ihr leichter Kontakte und hilfsbereite Nutzer.
  • Regt an, dass Euch Eure alten Kontakte ins Fediverse folgen.